Der größte Teil unserer heimischen Tier- und Pflanzenarten lebt heute zurückgedrängt auf isolierten, kleinflächigen Restlebensräumen, die wie Inseln im Meer lebensfeindlicher Nutzflächen (Straßen, Bebauung, versiegelte Flächen, intensive Agrarflächen u.ä.) liegen. Ziel eines Biotopverbundsystems ist es, diese Restlebensräume durch geeignete Strukturen miteinander zu vernetzen, so dass Tier- und Pflanzenarten sich ausbreiten und die Individuen der vereinzelten Restlebensräume miteinander in Kontakt kommen können. Nur so können sich langfristig stabile Populationen der Tier- und Pflanzenarten erhalten.
Diese Vernetzung geschieht durch Schaffung neuer, sogenannter Trittsteinbiotope und/oder naturnahe Gestaltung linearer Elemente zwischen den Restlebensräumen. Dabei sind von besonderem Wert schon vorhandene Strukturen wie z.B. Knicks, Straßenbegleitgrün, Flussuferstreifen, alte Bahndämme u.ä. Biotopverbundsysteme werden als wesentlicher Bestandteil eines nachhaltigen Naturschutzes sowohl auf europäischer, auf Bundes- und Landesebene als auch auf regionaler Ebene entwickelt.
In Neumünster wurde in den Jahren 1992 bis 1998 in einem bundesweit einmaligem Pilotprojekt für das nördliche, östliche und südliche Stadtgebiet ein Biotopverbundsystem entworfen. In diesem Planungsraum wurde während der Projektdauer und wird noch heute angestrebt, Trittsteinbiotope und lineare, naturnahe Elemente zu schaffen und zu erhalten. Bei neuen stadtplanerischen Vorhaben wie Bebauungen etc. wird der Erhalt des Biotopverbundsystems besonders berücksichtigt. Die Gesamtkosten beliefen sich auf knapp 2,3 Millionen Euro, die von Bund, Land und Stadt getragen wurden. Von dem Geld wurden insgesamt 30 Hektar Fläche im gesamten Stadtgebiet gekauft.
Durch das Projekt stehen sich in Einfeld die Ackerbrache und die Alte Obstwiese in der Kieler Straße 515 gegenüber. Bei der über 31.000 qm großen und mindestens 80 Jahre alten Obstwiese handelt sich es um eine Wiese mit wertvollem alten Baumbestand, wie er bei uns inzwischen kaum noch vorkommt. Die Vielfalt der alten, seltenen und schwer bestimmbaren Obstsorten ist auf der Alten Obstwiese ungewöhnlich groß, so dass es noch Jahre dauern wird, bis alle Sorten bekannt sind. Vor rund 100 Jahren war die idyllische Obstwiese Teil eines Obst-, Gemüse- und Schweinemastbetriebes, der den Markt der Industriestadt Neumünster belieferte.
Die Obstbäume wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Reihen gepflanzt und lösten damit die Streuobstwiesen ab. Zwischen den Reihen wurde lohnende und schnell wachsende Unterfrüchte gepflanzt, die häufig die Kosten der langsam wachsenden Obstbäume deckten. Die gegenüber liegende Ackerbrache ist die Verbindung zum Gebiet Vierkamp im Stadtteil Tungendorf und wurde durch angepflanztes Feldgehölz, Umbrechen des Bodens und Entfernen von Baumschösslingen so gestaltet, dass alte Ackerpflanzen gedeihen können.
Neben der Alten Obstwiese darf der alte Baumbestand vom Obsthof Mehrens am Bondenholz nicht vergessen werden. Hier wird Ökologischer Obstanbau am Westufer betrieben. Ende 1970 entschloss sich der damals 60jährige Erich Mehrens, seine landwirtschaftliche Produktion komplett auf ökologische Bewirtschaftung nach den Dehmether-Prinzipien umzustellen. Das bedeutet im wesentlichen kein Einsatz von chemischen Schädlings- und Unkrautvernichtungsmitteln und Verzicht auf anorganische Dünger.
Dies war zu einer Zeit, als der ökologische Landbau noch in den Kinderschuhen steckte, ein mutiges unterfangen. Heute wird der Hof schon in der zweiten Generation ökologisch bewirtschaftet. Auch heute noch wird das Gras unter den Obstbäumen durch weidende Schafe kurz gehalten und nicht durch chemische Unkrautvernichtungsmittel. Zum Apfel- und Erdbeeranbau sind inzwischen auf über 30 ha Anbaufläche fast alle einheimischen Gemüsesorten gekommen.
An den Obsthof Mehrens schließt sich ein größerer Waldbestand an, das sogenannte Bondenholz, und bereichert im Westen des Sees die Umgebung als weiteres landschaftlich reizvolles Element. Die Erklärung zum Wort "Bondengehölz" ist in einem Heft (Quelle Nr. 3) aus dem Jahr 1938 zu finden. In vielen Gemarkungen versuchte die Regierung einen Teil der Waldbestände dadurch zu erhalten, dass sie sie als "Bondengehölz" erklärte und unter Staatsschutz stellte.
Aber auch die beeindruckende, über 250 Jahre alte Buche, ist einer der auffälligsten Bäume am See. Man stelle sich einmal vor, welches Bild des Sees und der Landschaft diese Buche in ihren jungen Jahren zum Ausgang des 18. Jahrhunderts noch „gesehen“ hat: Vielleicht reichte der damals noch etwas größere See bis an ihre jungen Wurzeln.
Sicher war das Bild der Landschaft um sie herum damals noch mehr von der Natur geprägt als heute. Eine nicht so eindrucksvolle Statur, aber genauso viele Jahre „auf dem Buckel“ haben einige der großen Stielleichen, die entlang des Wanderwegs am Westufer und innerhalb des Naturschutzgebietes wachsen. Fast ohne Unterbrechung begleiten die Bäume den Wanderweg. Viele sind sehr prägnant. So auch die als Naturdenkmal ausgewiesene Stieleiche an der Einfelder Dorfbucht oder die weithin sichtbare Pappelallee an der Margarethenschanze.
Allen Bäumen ist eines gemeinsam: sie stellen natürliche Lebensräume dar, die unersetzlich sind. So leben z. B. auf einer 100jährigen Eiche nicht weniger als 300 verschiedene Insektarten. Daneben liefern sie auch für unser menschliches Wohlbefinden spürbare Beiträge. Ein einziger großer Laubbaum produziert an Sauerstoff, wie die Bewohner von zehn Einfamilienhäusern verbrauchen.
Quellen: (1.) Stadt Neumünster - Fachdienst Natur und Umwelt - neumuenster.de (2.) Broschüre "Sehpunkte" der Stadt Neumünster - zu finden unter neumuenster.de (3.) Abschnitt "Waldverhältnisse" auf Seite 60 des Heftes "Kulturgeographische Wandlung holsteinischer Bauerndörfer in der Umgebung der Industriestadt Neumünster" von Werner Storch aus dem Jahr 1938.
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