Einfelds Entwicklung ab 1900
Der Aufschwung der Industriestadt Neumünster, die günstige Bahnverbindung und das aufkommende neue Verkehrsmittel des kleinen Mannes, das Fahrrad, machten Einfeld zum „entwicklungsfähigen Ort“. Junge unternehmungslustige Handwerker wagten es, sich hier eine Existenz zu schaffen. Als erste schlugen die Zimmermeister Heeschen und Schultz ihre Baubude an dem ausgefahrenen Verbindungssandweg nach dem Bahnhof (Bahnhofstraße) auf. Sie bauten auf eigenes Risiko oder in fremdem Auftrage Geschäftshäuser, die wiederum andere Handwerksmeister zum Niederlassen veranlassten.
Das erste Haus war das große Flachdachhaus, von dem Kaufmann Maschmann erbaut, das aber bald an den Kaufmann Foppe verkauft wurde. In diesem Hause war viele Jahre die Postagentur untergebracht. In der kurzen Zeitspanne von 1905 - 1906 entstand die Häuserreihe vom Cafe Steffen bis Foppe mit den heute (1956) noch bestehenden Betrieben. Auch an der Kieler Straße entlang drängten die Siedler von Neumünster her hinaus nach Norden. Somit wurden die weiten Ackerflächen zwischen Einfeld und Neumünster, zum Teil mit Tannenschonungen bis zur Chaussee bepflanzt und von den nach Neumünster Fahrenden wegen der Einsamkeit gefürchtet, in den Siedlungsraum einbezogen. Die günstige Lage des Sees zog begüterte Interessenten an, die hier nun die ersten villenartigen Häuser errichten ließen. Auch der Ortsteil Stover wurde infolge der Besiedlung der Ausfallstraßen Neumünsters bebaut. In den zwanziger Jahren erwarb Schlachtermeister Christians aus Neumünster eine große Koppel hinter dem Stoverkampsberg und legte sie als Baugelände aus (Christianssiedlung). Die Erschließung neuer Siedlungsgebiete erforderte die Auslegung neuer fester Straßen. Während die Bahnhofstraße im Rahmen der Notstandsarbeiten nach dem ersten Weltkrieg einen festen Belag bekam, wurde die Neue Straße 1912/13 chausseemäßig ausgebaut. Das Villenviertel, der Seekamp, erhielt 1933 einen befahrbaren Zugang. Neben den eingangs erwähnten Gründen für die Besiedlung sind noch geringe Bodenpreise, weniger Lasten und Abgaben und weniger scharfe baupolizeiliche Vorschriften zu nennen. Bauland war genügend vorhanden. Erbauseinandersetzungen, Parzellierungen und die Änderung der Einstellung zum Besitz infolge städtischen Einflusses ermöglichten den Landkauf. Die Folge war ein dauernder Besitzwechsel. Bis zu 15mal ging innerhalb von 50 Jahren dieselbe Hufe in andere Hände. Eine weitere Folge zeigt sich noch heute (1956), nur drei Hufen befinden sich im Besitz alter Familien. Dagegen nutzten strebsame Kätner und Landarbeiter die Gelegenheit, ihren Besitz zu vergrößert. Diese rein bauliche Entwicklung ergab, dass nicht mehr das Bauernhaus das Gesicht des Dorfes bestimmte, sondern die städtische Hausform, wenn auch in kunterbunten Baustilen, weil noch eine einheitliche Planung fehlte und bis zum zweiten Weltkrieg nur das private Bauen bevorzugt wurde. Mit dem Handwerker, dem Industriearbeiter, dem Angestellten, dem Beamten und dem Rentner kamen neue Bevölkerungsschichten in die Dorfgemeinschaft. Etwa die Hälfte aller Beschäftigten war außerhalb tätig, davon allein 40 % in Neumünster. Die Bevölkerungsentwicklung spricht ein deutliches Zeugnis über das „entwicklungsfähige Dorf“. Wirtschaftlich und kulturell passten sich die Bewohner den neuen Verhältnissen an. Die weiteren Erwerbsmöglichkeiten reizten einen Bauern, 1905 den „Einfelder Hof“ zu bauen. Sein Sohn ließ 1910 das Strandhotel (auch unter Genesungsheim bekannt) erstellen. Ein weiterer Einwohner eröffnete in dem früheren Herrenhaus des Einfelder Hofes an der Uferstraße das Restaurant „Marienlust“. Große Veranstaltungen mit Militärkonzerten und Lampionfahrten im Sommer und Eisfesten im Winter waren vor dem Kriege so beliebt, dass alte Neumünsteraner noch heute mit Begeisterung davon erzählen. Leider war es trotz der Bemühungen des Verkehrs- und Verschönerungsausschusses, einer Unterabteilung des Bürgervereins, nach 1918 nicht mehr möglich, derartige Feste in dem bekannten Ausmaße durchzuführen. Trotzdem stieg die Zahl der Badegäste infolge besserer Verkehrsverbindungen durch die Eisenbahn und die 1928 gegründete Omnibusgesellschaft gewaltig. Nachweislich konnten an besonders guten Sonntagen über 10.000 Besucher gezählt werden. An wirtschaftlichen Unternehmungen vor 1910 sind noch das Torfwerk und die Kreisabdeckerei zu nennen. Als erstes Geldinstitut wurde 1904 von Interessenten die Spar- und Darlehnskasse ins Leben gerufen. Das kulturelle Leben zeigte sich in der Gründung von Vereinen, die auf dem Gebiete kommunaler Fragen, sozialer Aufgaben und kultureller Veranstaltungen recht Beachtliches leisteten. Deshalb dürfen diese Organisationen, die manche Erinnerung wachrufen, nicht ungenannt bleiben. Es waren der Bürgerverein, der Evangelische Frauenverein, der Gesangverein, der Sportverein und der Militärverein. Ganz besonders muss der Sportverein, der durch seine Breitenarbeit eine Mitgliederzahl von 20 % der Einwohnerschaft erreichte, erwähnt werden. Am See belebte sich noch das Bild durch die Wassersportler aus Neumünster, die hier ihre Boots- und Ruderhäuser bauten. Auf weitere Einzelheiten einzugehen, würde im Rahmen dieser Schrift zu weit führen. Aber lassen wir Zahlen sprechen. Im Jahre 1937 weist Einfelds Handel und Gewerbe 20 Handwerksbetriebe, 2 Fabriken, 9 Geschäfte und 9 Gaststätten auf (nach Dr. Storch: Kulturgeographische Wandlungen holsteinischer Dörfer in der Umgebung der Industriestadt Neumünster). Diese erfreuliche und günstige Entwicklung erfuhr nur durch den ersten Weltkrieg eine Unterbrechung. Nach der Schulchronik wurden 144 Einwohner zum Heeresdienst einberufen. Das Ehrenmal trägt die Namen von 37 Gefallenen. |
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Quellen: (1.) Zur Entwicklung der Gemeinde ab 1900 wird Konrektor Paul Elwert mit dem Thema "Aus der geschichtlichen Entwicklung Einfelds" zitiert. Dieser Bericht wurde veröffentlicht in der Festschrift zur Einweihung der Mehrzweckhalle am 24. August 1956 mit dem Titel "Einfeld. Vom Bauernhof zur Großgemeinde" und wird hier in Auszügen wiedergegeben. (2.) Das Titelbild und die beiden unteren Fotos aus dem Jahr 1919 stammt von Rainer Butenschön, dessen Großvater Heinrich Neeve bei der Firma Heeschen und Schultz arbeitete und diese Fotos hinterließ. |
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Fa. Heeschen und Schultz damals ein großer Arbeitgeber. |
Fa. Heeschen und Schultz war auf vielen Baustellen zu sehen. |