See u. Mehr > Wald und Wiesen > Alte Obstwiese Neumünster

Wenn man die Kieler Straße von Tungendorf kommend in Richtung Schanze fährt,  fallen kurz hinter dem Tannhof (früher Hotel - jetzt Seniorenwohnanlage) zuerst die Lücken in der Bebauung zur linken Hand, dann zur rechten auf. Hier handelt es sich aber nicht um die Grenze zwischen Tungendorf und Einfeld, sondern um ein Stück besonderer Natur.

Die Grundstücke links und rechts neben der Kieler Straße in Höhe der Nummer 515 gehören der Stadt Neumünster und sind Teil des Biotop-Verbundsystems. Die Stadt Neumünster hat hier vor einigen Jahren eine über 31.000 qm große, mindestens 100 Jahre alte Obstwiese in der Kieler Straße 515 im Rahmen des damaligen Biotopverbund – Projekts mit Mitteln des Bundesamts für Naturschutz erworben. Es handelt sich um eine Wiese mit wertvollem alten Baumbestand, wie er bei uns inzwischen kaum noch vorkommt. 

Die Vielfalt der alten, seltenen und schwer bestimmbaren Obstsorten ist auf der Alten Obstwiese ungewöhnlich groß, so dass es noch Jahre dauern wird, bis alle Sorten ermittelt sind. Vor rund 100 Jahren war die idyllische Obstwiese Teil eines Obst-, Gemüse- und Schweinemastbetriebes, der den Markt der Industriestadt Neumünster belieferte. Die Obstbäume wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts in Reihen gepflanzt und lösten damit die Streuobstwiesen ab. Zwischen den Reihen wurde lohnende und schnell wachsende Unterfrüchte gepflanzt, die häufig die Kosten der langsam wachsenden Obstbäume deckten.

Obstwiesen mit 50 bis 100 Jahre alten hochstämmigen Bäumen und einer Vielzahl unterschiedlicher Sorten sind aus dem Erwerbsobstanbau fast vollständig verschwunden. Eine einseitig nur auf Ertrag und rationelle Pflege und Verwertung ausgerichtete Wirtschaftsweise im modernen Obstanbau hat dazu geführt, dass ein Stück alte Kulturlandschaft und damit auch ein Stück biologische Vielfalt verloren zu gehen droht. 

Die Wiese in der Kieler Straße wird von Schafen beweidet. Ohne eine einfühlsame Pflege und die Nachpflanzung ausgesuchter Sorten wird dieses Idyll auf Dauer keinen Bestand haben. Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss der Stadt Neumünster hatte beschlossen, den Bürgern die Möglichkeit zu geben, mit Spenden Baumpflanzungen zu fördern. Weitere Informationen sind unter Einfeld - Aktiv zu finden. Ohne aktives Engagement werden diese ökologisch wertvollen Biotope bald verschwunden sein. Damit würde unsere Landschaft an Erlebniswert und Schönheit einbüßen und ein besonderer Lebensraum für eine vielfältige Fauna und Flora ginge verloren.  

Im 2004 hatte sich der "Arbeitskreis Obstwiese Kieler Straße" gebildet, der sich die Pflege und den Erhalt des alten Kulturbiotops zur Aufgabe gemacht hatte. Im September 2017 wurde aus dem Arbeitskreis der Verein "Alte Obstwiese Neumünster e.V." und bereits im Jahr 2015 wurde eine eigene Homepage eingerichtet. Der Verein ist auch verantwortlich für das im Aufbau befindliche Obstbaumkataster und wird dabei unterstützt u. a. durch den Pomologen Meinolf Hammerschmidt.

Mit Stand 10. Nov. 2009 hatte der Arbeitskreis eine Sortenliste erstellt. Die zwei Tabellen enthalten die bisher bestimmten Sorten der Alten Obstwiese. Es sind über 60 Apfelsorten (hier klicken), sowie die verschiedenen Pflaumen, Kirschen-, Quitten- und Birnensorten (hier klicken). In den Listen bedeutet das A - Alter Bestand und das N – Nachpflanzung nach 1994. Etwa 80 alte Hoch- und Halbstämme konnten noch nicht bestimmt werden, weil sie keine Früchte mehr tragen oder weil die Sorten den Pomologen nicht bekannt waren. 

Noch nicht aufgeführt ist der Bestand des Sämlingsquartiers im Nordost-Teil der Wiese. Hier befinden sich unter den ca. 60 Sämlingen d. h. genetischen Unikaten, einige mit interessanten Eigenschaften, diese müssen noch erfasst werden. Zukünftige Nachpflanzungen sollen vorrangig mit den ursprünglich auf der Wiese vorhandenen Sorten erfolgen.

Besucher der Alten Obstwiese dürfen gerne probieren und ihren Favariten wählen. Die Obsternte bleibt aber den Baumpaten und dem AKr Obstwiese vorbehalten. Es sollte auch auf die "biologischen Rasenmäher", die Schafe der Arbeiterwohlfahrt (AWO) Kreuzkamp, geachtet werden. Sie dürfen nicht gefüttert werden. Der nach der Ernte gewonnene Apfelsaft wird in 5 ltr Verpackungen angeboten.

Der angebotene Apfelsaft ist gut und gesund. Das unterstreicht die Verleihung des NABU-Streuobstsiegels. Das Siegel setzt bestimmte ökologische Standards an Art und Umfang der "Bewirtschaftung" der Streuobstwiese und an die Qualität der Produkte. Die erste Verleihung des NABU-Streuobstsiegels in Schleswig-Holstein für die Alte Obstwiese in der Kieler Straße erfolgte am 12. Oktober 2008. Diese Auszeichnung muss in zeitlichen abständen erneuert werden und ist mit Kosten verbunden.


Die Alte Obstwiese in der Kieler Straße hat eine Vielfalt an Obstsorten zu bieten. Aber Erd- und Pferdeäpfel sucht man vergeblich. 


Auf der alten Obstwiese werden alte, aber auch junge Obstbäume gehegt und gepflegt. "Mutter Natur" hat hier das Regiment übernimmt den größten Teil der Arbeit.


Fleißige, freiwillige Helfer sammeln die Äpfel ein, die später dann zum größten Teil vor Ort durch eine mobile Obstpresse vermostet werden. 


Nach der Ernte kann der Einfelder Apfelsaft in 5-Liter-Verpackungen gekauft werden. Weitere Infos auf der Internetseite des Vereins.


Quellen:
(1.) Faltblatt vom ehem. Arbeitskreis (AKr) "Alte Obstwiese - Kieler Straße" (2.) Homepage des Arbeitskreises www.alte-obstwiese.de (3.) "Gartenrouten zwischen den Meeren" mit der Internetseite www.gartenrouten-sh.de (4.) Einige Fotos wurden von rue_ma_einfeld zur Verfügung  gestellt.